Das erste Hochlager steht
Um 2 Uhr morgens starten Christian, Helmut, Sorin und Alexander mit rund 14 Kilogramm schweren Rucksäcken. Sie bringen vier Zelte, Gasflaschen, Kocher, Töpfe, Proviant, Isomatten, Eispickel und Schlafsäcke nach oben und richten Lager 1 auf etwa 6000 Metern Höhe ein. Die Route führt sie über einen kürzlich eingestürzten Eisturm und gewaltige Spalten von mehreren Metern Breite. Die schwarzen Löcher wirken unheimlich, einige der Schneebrücken äußerst labil. Umso kürzer die vier sich in der Gefahrenzone bewegen, desto besser: Sie fühlen sich fit, steigen besonders schnell auf und kommen schon nach neun Stunden zurück ins Basislager.
(nach einer Aufzeichnung von Annette Kniffler)
Die Eishölle liegt direkt über uns
Sobald wir den Baltoro-Gletscher im Herzen des Karakorums betreten, wird die Umgebung schlagartig rau und kalt. Fels und Eis soweit das Auge reicht. Die Oasen mit grünem Gras, Edelweiß und Primeln werden rarer, die Berge rundum immer gewaltiger. Am Concordia-Platz blicken wir bei strahlendem Sonnenschein auf den 8611 Meter hohen K2 und den von Sturmwolken überwölbten Gipfel des Broad Peak.
Als wir die Schottermoräne unterhalb des bedrohlich zerklüfteten Gasherbrum-Eisbruchs erreichen, haben schon acht Expeditionen vor uns hier ihr Basislager aufgeschlagen: Bunte Zelte besetzen alle weitläufigen Lagerplätze in der Nähe der einen roten Fahne, die den Einstieg in das gigantische Meer schmutzig weißer Eistürme markiert. Wir finden einen ebenso kleinen wie steilen Hang, auf dem unsere elf Zelte gerade eben unterkommen. Einen ganzen Nachmittag lang schaufeln wir Steine, um ebene Terrassen anzulegen. Auf einer Höhe von 5050 Metern eine Kraft raubende Angelegenheit.
(nach einer Aufzeichnung von Annette Kniffler)
Gefährlicher als Radeln
Während der Jeepfahrt nach Askole wünschen wir uns nicht nur ein Mal zurück aufs Rad. In unserem vergitterten Käfig auf der Rückbank sind wir dem Fahrer auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Er rangiert um die steilen Kehren am 200 Meter tiefen Abgrund, arbeitet sich mit Allradantrieb und gesperrtem Differential über Schneelawinenkegel, die die Offroad-Piste unter sich begraben.
Bei all den losen Felsbrocken auf den Hängen über uns müssen wir an die vielen Unfälle auf dieser Strecke denken; herabstürzende Steine haben in den vergangenen Jahren ganze Bergsteigerteams in den Tod gerissen. Doch heute kommen alle Jeeps unbeschadet in Askole an – nicht nur unsere, sondern auch die der 22-köpfigen italienischen Jubiläumsexpedition um Silvio Mondinelli zum 50. Jahrestag der Broad-Peak-Erstbesteigung und die der deutschen K2-Expedition.
Gemeinsam gehen wir nun durch das tiefe Flusstal des Baltoro-Rivers – mitten drin in der Karawane von rund 500 Baltiträgern, gut einem Dutzend bepackter Mulis sowie Kühen und Ziegen, der Eiweißration für das Basislager. Immer größer werden die Gipfel rundum, immer beeindruckender die Eisbrüche und steiler die Grate. Rechter Hand die schäumende, schmutzig braune Brühe des Gletscherabflusses, vor uns schließlich am Payu-Camp der Gipfel des K2.
(nach einer Aufzeichnung von Annette Kniffler)
Wiedersehen in Baltistan
Das Expeditionsteam ist startklar. Nach einem langen Flug, einem Briefing beim Ministerium in Islamabad und Scherereien wegen des trägen Verbindungsoffiziers sind nun auch unsere Bergkameraden Sorin Nistor und Helmut Hackl sowie die übrigen Mitglieder der diesjährigen G-II-Expedition in Skardu eingetroffen. Wir freuen uns riesig – vor allem darüber, dass Sorin trotz seines Halswirbelbruchs im Februar mit dabei sein kann. Top trainiert, top gesund, top motiviert! Am 19. Juni werden wir gemeinsam in Richtung Basislager aufbrechen; zunächst mit einem Jeep nach Ascole, dann zu Fuß über den Baltoro, einen der größten außerpolaren Gletscher der Welt.
(nach einer Aufzeichnung von Annette Kniffler)
Skardu: Wir packen zum letzten Mal die Räder ab
Am 10. Juni, um 12:20 Uhr pakistanischer Zeit erreichen wir den Ausgangspunkt für die Expedition zum Gasherbrum II: Skardu, eine kleine, schmutzige Stadt im zentralen Karakorum. Nach 9320 Kilometern, 94 Radltagen und 532 Stunden reiner Fahrzeit steigen wir drei mit müden Beinen endgültig von unseren mitgenommenen Rädern. Wir schließen damit den ersten Teil der Ultratour 2007 erfolgreich ab. Jetzt hoffen wir, dass Christian und Andi in den bevorstehenden sechs Ruhetagen wieder genug Kraft für die Besteigung eines Achttausenders sammeln können.
(nach einer Aufzeichnung von Annette Kniffler)
Khunjerab-Pass und Karakorum Highway: der Höhepunkt!
Eine große militärische Festung, unzählige überaus strenge Soldaten als lebende Schranken: Die Chinesen haben den Khunjerab-Pass für Fahrradfahrer gesperrt. Durch ihre Barrieren ist kein Durchkommen – außer im Bus oder Jeep. Für uns ein Tabu! Schon viele Monate vor dem Tourstart im Februar haben wir uns deshalb um eine Sondergenehmigung bemüht und mehrere Dutzend Mails an chinesische Agenturen verschickt. Alles zunächst ohne Erfolg. Ein offizielles Permit gäbe es nicht. Vor wenigen Wochen nun bekamen wir dann wider Erwarten doch noch das Okay von einer Agentur in Kashgar. Kein Permit, aber Geld öffnet uns schließlich nach langen Verhandlungen die Schranken 130 Kilometer vor der Passhöhe und pakistanischen Grenze. Ein „Supervisor“, ein Guide und ein Fahrer weisen uns per Jeep den Weg durch das weitläufige Flusstal, in dem es ohnehin nur eine einzige, dafür aber umso größere Asphaltstraße gibt.
Am höchsten Punkt zeigt unser Höhenmesser 4713 Meter. Vor uns liegt der berüchtigte, in steile Felswände gesprengte Karakorum Highway. Er führt uns durch enge Schluchten und vorbei an spektakulären, noch unbestiegenen Siebentausendern. Unter uns der Fluss, der zunächst Khunjerab, dann Hunza und Gilgit heißt und sich etwa 2000 Meter tiefer mit dem schäumenden Indus vereint. Herabstürzende Felsen haben tiefe Krater in den Asphalt geschlagen, Gerölllawinen ganze Straßenabschnitte verschüttet. Unsere Räder halten trotzdem durch.
(nach einer Aufzeichnung von Annette Kniffler)
Die bewegte Ultratour
Beitrag von Erik Pusch
Viktor Reger hat einen kleinen Filmausschnitt mitgebracht, bei dem man die Ultratour 2007 Mannschaft auf freier Strecke sieht. Die Aufnahmen entstanden im Iran zwischen Mashad und der turkmenischen Grenze in der Nähe von Mozduran.
Zwischen Mashad und Mozduran (MPEG, 10.2MB)
Die letzten Etappen…
Beitrag von Erik Pusch
In unserer Zusammenstellung der Wegmarken der Ultratour 2007 finden sich jetzt die aktualisierten Einträge von Tashkent über Kirgisien bis zum 30. Mai in Kashgar, sowie die geplanten Etappen über den Khunjerab-Pass bis nach Skardu.
Wie üblich sind die Informationen auf der Seite Die Route zu finden.
Ultratour Interview in der Süddeutschen Zeitung
Beitrag von Erik Pusch:
In der Süddeutschen Zeitung vom 30.05.2007 fand sich ein Interview mit Christian Rottenegger und Andi Seiler. Christian Mayr von der SZ interviewte beide, als die Ultratour Station in Taschkent machte.
Online ist der Artikel zu finden unter:
Mit dem Rad ins Karakorum – „Wir sind fast täglich in Lebensgefahr“
http://www.sueddeutsche.de/reise/artikel/332/116216/